WARNUNG: Fans von Resident Evil sollten entweder nicht weiterlesen, ihre Medikation bereithalten oder ganz einfach stark sein, denn eine Huldigung wird das nicht.
Leute, ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich "Resident Evil 2" heute noch begeistert und hält immer noch einen Platz in meinen Top 10. Vor allem die "Dual Shock Version" ist die beste von allen - meiner Meinung nach. Die optisch ausgefeilteste ist sie zwar nicht, besitzt aber auch keine Nachteile.
Als Anfang der 2000er Nintendo den Game Cube und auch Capcom eine Neuauflage vom ersten "Resident Evil" bekannt gaben, war nach Erscheinen dieser Teile der Ruf nach einer Neuauflage des zweiten Teils laut. Aber wie so oft, verhallte der Ruf der Begeisterten ungehört. Und für einige Jahre sah es so aus, als würde uns Capcom in dieser Beziehung mal wieder verarschen. Zwischenzeitlich wollte mal uns "Darkside Chronicles" als eine Art Neuauflage verkaufen, was aber Gott sei Dank nicht sehr gut bei den Fans ankam. Es vergingen wiederum mehrere Jahre und die Hoffnung auf ein neues "Resident Evil 2" schwand immer weiter, sodass einige Programmierer den Mut fanden, sich selbst hinter die Tastatur zu setzen und ihre ganz eigene Interpretation dieses Themas zimmerten. Als dann vor einiger Zeit Capcom DOCH damit herausplatzte, dass man an einem neuen "Resident Evil 2" sitze, war die Begeisterung überschwänglich - zumindest bei einigen. Ich hingegen war skeptisch, da ich genau wusste, dass Capcom ZU oft log und Erwartungen enttäuschte. Auch hier verging wieder einige Zeit, ohne dass sich die Entwickler zu diesem Thema meldeten und mal wieder munkelten einige, dass es diesem Vorhaben eventuell so gehen könnte, wie seinerzeit "Resident Evil 1.5" - sprich: dass man es einfach einstampfte.
Und dann geschah es: Capcom meldete sich urplötzlich wieder zurück und diesmal mit knallharten Fakten. "Resident Evil 2" sollte nicht nur eine einfache Wiederauflage des alten Titels sein, wie es "REmake" ist, sondern es sollte sich so ähnlich spielen, wie "Resident Evil 4" und als technische Basis steht "Resident Evil 7" Pate. Meine Alarmglocken gingen mit einem lauten Getöse los und allerhand Schreckensszenarien breiteten sich vor meinem inneren Auge aus. "Nicht schon wieder ein CoD! NEIN!" So oder so ähnlich ging es immer wieder durch meine Gedanken. Und was soll ich sagen? Es wurde DOCH kein weiteres CoD, aber es sollte auch weit von dem entfernt sein, was ich EIGENTLICH von Capcom erwartete.
Geschichte
... muss ich das jetzt WIRKLICH noch mal erzählen ...? Gut. Polizist Leon Scott Kennedy, welcher seinen ersten Diensttag antreten sollte und Clare Redfield - die kleine Schwester von Chris Redfield - erreichten am selben Tag Raccoon City. Zombies, Lecker, Mutanten, ein kleines Mädchen, eine Spionin, "STAAAAARS!" etc.
... wobei letzteres ... ich glaube, das sparen die sich für ein neues "Resident Evil 3" auf.
Nichts ist, wie es einmal war
Wie bereits erwähnt, handelt es sich beim neuen RE2 nicht um eine simple Neuauflage, wie es REmake ist, sondern um eine NeuinerpREtation. Alles bisherige wurde KOMPLETT über den Haufen geschmissen und es entstand ein komplett NEUES Spielerlebnis. Vorbei die Zeiten der vorberechneten Hintergründe, vorbei die Zeiten der starren Kameras, vorbei die Zeiten dessen, was wir an den alten Teilen so lieben. Das Neue ist dynamischer und actionreicher, aber auch weitläufiger, gruseliger und spannender. Unheimliche Ecken warten voller Vorfreude auf Unvorsichtige, die dem Tod unüberlegt in die Arme laufen. Und hier ist auch schon der erste Kritikpunkt, den ich habe: es ist alles ein wenig ZU viel von allem und wirkt TROTZDEM nicht wirklich rund.
Die Munition ist zwar relativ reichlich, allerdings nicht gerade gleichmäßig verteilt und die Gegner vertragen zum Teil ZU viel kostbare Waffennahrung. Zombies, welche vorher lediglich mehr oder weniger langsames und beherrschbares Kanonenfutter waren, sind jetzt eine wahre Gefahr, vor allem in Horden. Und durch den Schulterblick sieht man nicht wirklich viel von dem, was sich hinter einem abspielt. Ständig ist man gezwungen, alles und jeden im Blick zu haben, was auf oft leider schnell in Hektik ausartet und etwas frustet. Außerdem ist es ein Rätsel, wieso einige Untote beim ersten Schuss in den Kopf gleich sterben, andere wiederum ein halbes Dutzend Kugeln ins Oberstübchen brauchen, ehe diese zu Boden gehen und man sich IMMER noch nicht sicher sein kann, dass sie jetzt ENDGÜLTIG tot sind. Das kann zur Gefahr werden, wenn man nicht GENAUESTENS aufpasst, denn urplötzlich erwachen diese wieder und der ganze Spaß fängt von neuem an.
Der an sich schon sehr schmale Grat zwischen fordernd und frustrierend wird oft bei weitem überschritten. In schmalen Gängen kommen gleich mehrere Zombies auf einen zu, was auf den ersten Blick nicht besonders klingt. Wenn man sich aber vor Augen hält, dass sie zum Teil nebeneinander laufen, man selbst nicht ausweichen kann und schon knapp an Munition ist, klingt das schon ein wenig anders. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie mehrere Schuss in die Rübe brauchen, um zu Boden zu gehen.
Aber das ist noch nichts gegen die Lecker, die schon im Original etwas nervig sein können. Was die aber in der NeuinterpREtation bieten, schießt wahrlich über das Ziel hinaus. Sie sind äußerst schnell, reagieren auf das kleinste Geräusch und vertragen mehrere Ladungen Säure- oder Brandgranaten. Das war aber noch nicht alles. Kombiniert man das mit dem Tyrant, besitzt man eine Mischung, deren Fluchpotential überproportional hoch erscheint. Sie ignorieren sich sogar gegenseitig. Obwohl die Schritte des Tyrant DEUTLICH lauter sind, als die eigenen, greifen die blinden Lecker nicht den übergroßen Mutanten an. Auch die Kombination aus Zombie und Tyrant ist nicht toll, denn dieser ignoriert die Untoten auf die gleiche Weise. Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass ALLE sich zusammentun, um einen das Lebenslicht auszublasen. Er verfolgt einen auch über die Räume hinweg, wie ein Bluthund, der nicht aufgibt und deutlich schneller und wendiger ist er auch noch geworden. Ein kleiner Trost bleibt allerdings: die Hunde sind im Vergleich dazu, eher von der leichten Sorte, auch wenn sie jetzt über hohe Zäune klettern können und deutlich agiler zu Werke gehen.
Frust auch an anderer Front
Im Vergleich zum originalen ersten Teil, wirken die Rätsel im originalen zweiten etwas läppisch. Das hat sich bei der NeuinterpREtation Gott sei Dank etwas geändert. Es gibt jetzt viel mehr davon und auch die zum Lösen benötigten Teile sind weiter verstreut, sodass man gezwungen ist, viel mehr zu suchen. Was auf den ersten Blick gut klingt und dem geneigten Adventure-Freund sehr entgegen kommt, sieht, bei genauerem hinsehen, leider ein wenig anders aus. Oft werden Schriftstücke benötigt, um der Lösung des Puzzles herauszulesen. Allerdings hat man es hier ein wenig übertrieben. Es befinden sich nämlich mehr als doppelt so viele Blätter zum Durchlesen, als noch zuvor. So verbringt man vielmehr mit lesen, als mit dem Spielen an sich. Neu hinzu gekommen sind Rätsel, die nach dem "Versuch und Scheitern"-Prinzip funktionieren, wie bei den tragbaren Safes. Es gibt auch ein Rätsel, bei dem man aus einem Gegenstand einen USB-Stick machen kann. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, denn Ende September 1998 gab es so etwas noch gar nicht. Soweit ICH weiß, gab es zu dieser Zeit noch kaum USB und das erste erhältliche Speichermedium für diesen Anschluss kam erst Ende 1999. Das ist also nicht logisch (ich weiß, dass ich hier ein wenig Haarspalterei betreibe, aber hätten die Verantwortlichen ihre Hausaufgaben gemacht, wäre so etwas NICHT passiert). Auch das elektronische Helferlein von Ada wirkt eher wie aus einem Science-Fiction-Film, als an etwas, was man Ende der 90er benutzte.
Ein weiterer Krampf ist der notorische Platzmangel in der Hosentasche. Zwar findet man mit der Zeit immer mehr Erweiterungen, um diesem besser vorzubeugen, doch die Fülle an immer NOCH größeren Gegenständen, macht es nicht wirklich wesentlich besser. Zwar hat man jetzt die Möglichkeit, Unwichtiges jederzeit wegzuschmeißen, allerdings ist es dann auch für immer verloren. Scheinbar haben die Entwickler noch nie RE0 gespielt, um zu sehen, dass man Gegenstände, die man weglegte, auch wieder aufsammeln kann. Das ärgert ungemein.
Und was zum Teufel sollen die ganzen blauen Kräuter überall? Selbst wenn ich die Teile eins bis drei zusammenzähle, komme ich nicht an die Anzahl der Entgiftungspflanzen, wie in der NeuinterpREtation. Anstatt dieser, wären weitere Grüne und Rote oder auch mehr Munition sinnvoller gewesen.
Keine Panzersteuerung mehr
Eine der Kritikpunkte der alten Reihe ist in den Augen vieler Spieler, ist die Panzersteuerung. Diese wurde komplett durch die Steuerung der neuen Teile ersetzt. Sie wurde sogar noch aufgewertet und ist deutlich agiler. Auf dem PC ist durch die Maus sogar noch ein weitaus feineres Anpeilen der Gegner möglich, als auf den Konsolen.
Prachtvoll in Szene gesetzt
Der optische Präsens ist eine absolute Wucht, wenn auch nicht frei von Fehlern. Was hier geboten wird, ist so ziemlich das beste, das ich bisher sah. Die Licht- und Schattenspielereien sind genauso bombastisch, wie sie Wassereffekte. Regen prasselt realistisch auf alles, was er trifft. Wasser besitzt eine Dynamik, die ich noch nie in einem Spiel sah, was auch für die Spiegelungen gilt. Die Figuren bewegen sich absolut authentisch und geizen nicht mit netten Einfällen, die das ganze Geschehen NOCH wirklichkeitsgetreuer wirken lassen. Aber sieht man GENAUER hin, fällt einem aufmerksamen Beobachter die ein oder andere Unzulänglichkeit auf, wie die Autos, welche als Gebietsbegrenzung dienen. Oft haben die einen Detailgrad, der sogar bei einem PS2-Spiel nicht annehmbar wäre und Anlass zur Kritik gegeben hätte. Auch einige Bereiche und Details haben den Charme vergangener Zeiten, als auch große Texturen nicht höher aufgelöst waren, als 128x128 Pixel.
Allerdings ist der Sound makellos - wenn man die englische Version spielt. Es tut mir leid, aber die deutsche Sychro ist echter Schrott. Zwar kein MGS1-Schrott, aber arg viel fehlt da nicht. Es ist meilenweit davon entfernt, was ich unter einen guten, deutschen Sychro verstehe. Irgenwie wirken die Sprecher lust- und emotionslos.
Fassen wir zusammen
Ich habe noch lange nicht ALLE negativen Punkte aufgezählt. Täte ich das, wäre der Spielbericht doppelt so lange geworden. Doch trotz aller Miesmache ist das neue "Resident Evil 2" ein tolles Spiel geworden, sogar das beste seit JAHREN! Es besticht durch eine dichte, beklemmende Atmosphäre, tolle Präsentation und guter Spielbarkeit. All die neuen Ideen, bringen eine Menge frischen Wind in das Geschehen, der so nötig war. Allerdings bewirken die Negativpunkte, dass es diese Perle nicht nach oben in die Hitliste schafft. Es freut mich zu sehen, dass man es nicht gewagt hat, eine stumpfe Actionballerei daraus zu machen. Es freut mich, dass man so viel Herzblut hineingesteckt und auf den rechten Weg zurückgefunden hat. Ich hatte viele Stunden Spaß damit und kann es wärmstens weiterempfehlen. Allerdings erwarte ich von einer Neuauflage mehr. Sie sollte in der Lage sein, so gut wie alle Neuerungen gut zu implementieren, ohne den Kenner zu verärgern. Das hat zwar auch REmake mit den Crimson Heads nicht ganz geschafft, allerdings war es auch der einzige Kritikpunkt an diesem Spiel. Das neue RE2 macht da leider deutlich mehr Fehler auf einmal. Es wirkt nicht WIRKLICH rund und voll ausgereift, so leid es mir tut.
meine Wertung:
ich bleibe beim Original
von Doktor Hachi Roku, 2019
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dr. AE86« (15. März 2019, 02:46)