Aus aktuellem Anlass zur Wiederaufnahme der Tätigkeiten des Forums, habe ich mich dazu entschlossen, nun doch wieder mit dem Schreiben von Spieltests zu beginnen.
Konami gehört - neben Irem - ganz ohne Zweifel zu den Königen des Horizontalshootergenres. Schon mit dem 1981 präsentierten Spielautomat „Scramble“ hatte man einen echten Münzschlucker auf die Beine gestellt. Was man aber 1985 präsentierte, erwies sich als wahrer Dauerläufer und als Beginn einer Erfolgsgeschichte, die unter den 2D-Shootern ihres Gleichen sucht und bis heute anhält. Die Marke Gradius gilt als Garant für anhaltenden Ballerspaß und verkaufte sich millionenfach auf sehr vielen Systemen. Hauptsächlich auf japanischen Heimrechnern, von Sharp, NEC und dem MSX-Konsortium waren die Spiele äußerst erfolgreich. Der Erfolg war dermaßen groß, dass sogar die Sony Playstation, Sega Saturn und später auch Windows 9x-basierte Computer mit dem „Gradius Deluxe Pack“ beschenkt wurden. Dabei handelt es sich um originalgetreue Umsetzungen der Arcadeversion von „Gradius (1)“ und „Gradius II: Gofer no Yabô“ auf einer Scheibe. Leider kamen diese Versionen nur in Japan heraus, sodass man einen teuren Import über sich ergehen lassen muss, um Besitzer eines solchen Doppelpacks zu werden. Der hier vorliegende Test bezieht sich allerdings nur auf die Playstationversion, da mir die anderen leider nicht bekannt sind.
Handlung?
... pffff ...! Wer braucht bei einem Actionkracher schon so was Unnötiges?
Frust aller Orten
Wer Gradius kennt, weiß, wie frustrierend es sein kann. In Formationen umhertanzende Schiffe, die auch mal aus dem Nichts auftauchen können und einen verfolgen, festinstallierte und laufende Kanonen, Basen, die Feinde in großer Zahl ausspucken und alle ballern sie aus vollen Rohren auf einen. Das kann auf Dauer nicht gut für den Blutdruck sein. Wer jetzt nicht die Nerven behält und katzenartige Reflexe aufweisen kann, ist schon verloren. Die schiere Gegnerzahl, die sich auf einmal auf dem Bildschirm tummelt und ihre Geschosse abfeuert, kann auch mal für Verwirrung sorgen, da es leicht vorkommt, dass man das eigene Geschoss mit dem der Gegner verwechselt und dann zu spät reagiert. Nervig ist auch, dass gleich beim ersten Treffer sich das eigene Gefährt unter einer Explosion gleichmäßig im Raum verteilt. Passiert das zu oft, bekommt man ein „Game over“ zu Gesicht, und alles bisher erreichte ist verloren, denn ein „Continue“ gibt es nicht. Der Freiflug des Controllers in die nächste Ecke ist garantiert und es ist an der Zeit, seinen Wortschatz an schlimmen Ausdrücken wieder lautstark aufzufrischen – vor allem, wenn es zum x-ten mal an der selben Stelle passiert. Die schlechte Kollisionsabfrage tut da noch ihr Übriges. Da ist es auch nicht wirklich ein Trost, dass man für bestimmte abgeschossene Gegner auch ein Power-up aufsammeln kann, das verschiedene Bereiche des Schiffes verbessert, wenn man genug davon hat und aktiviert. Unverständlich ist, dass man im Zweispielermodus auch gleich zwei Controller braucht. Nun wird der ein oder andere leicht verdutzt noch mal den Satz vorher durchlesen, um auch wirklich sicher zu sein, dass er nichts falsch verstanden hat. Man spielt nämlich nicht gleichzeitig, sondern hintereinander, wenn der andere ein Leben verliert. Wieso eigentlich eine zweite Steuereinheit, wenn man eh nicht simultan spielen kann? Eine Option dies abzuschalten gibt es auch nicht.
Einfacher geht’s kaum
Hoch, runter, links, rechts, Feuer, Power-up-Aktivierung und Pause, das war’s auch schon. Ein Steuerkreuz, zwei Tasten und ein Pauseknopf – Herz, was willst du mehr?
nerviges Ruckeln
Zwar stammen „Gradius“ und „Gradius II: Gofer no Yabô“ aus einer Zeit, in der 32-bit-RISC-Prozessoren und Arbeitsspeicher im Megabyte-Bereich noch Zukunftsmusik waren, doch die schiere Anzahl an Sprites bringt die Playstation schnell an ihre Grenzen. Der rein auf Polygon- und Texturberechnung ausgelegte Grafikchip hat leider keine Unterstützung für so klassiche 2D-Sachen, wie Sprites oder Parallax-Scrolling. Alles muss softwareemuliert werden. Genau das bringt die Playstation oft an ihre Grenzen, was zu nervigen Einbrüchen der Bildrate führt. Blicke auf Videos, welche die Saturnversion zeigen, geben der Vermutung recht.
schön original
Da es sich hier um fast perfekte Automatenumsetzungen handelt, ist es auch nicht verwunderlich, dass die Geräuschkulisse nicht gerade vom Hocker reißt. Doch vor allem die Lieder haben in der Szene zum Teil einen einzigartigen Ruf und genießen so etwas wie Kultstatus. Und wenn wir mal ehrlich sind: manche von diesen Stücken sind aber auch verdammt gut.
Fassen wir zusammen:
Es ist hart - hammerhart! Es ist nichts für Leute, die nur dann und wann einmal spielen. Es ist nichts für Leute, die schnell aus der Haut fahren. Es ist nichts für Leute, die den absoluten audiovisuellen Kick brauchen. Es ist nichts für Leute mit der Augen-Hand-Koordination einer Nacktschnecke. Es ist nichts für Leute mit der Reaktion eines Faultiers. Es ist für Leute, die eine Herausforderung suchen und auch brauchen. Außer der teilweise grottigen Kollisionsabfrage ist es eigentlich perfekt und genau das, was Fans von Gradius auch erwarten. Wer es noch nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen. Vergesst alles, was ihr bisher über schwere Spiele gelernt habt. Gradius Deluxe Pack belehrt euch eines besseren. Noch nie hat sich das Erreichen eines höheren Levels so gut angefühlt.
meine Wertung:
frustend schwerer Ballerspaß
© 2015, 2016, by Doktor Hachi Roku